SZ 10.04.2012
Die Sorgen nach dem Klassenerhalt
Von Berthold Neumann
Die Dresdner Eislöwen setzen sich in der Abstiegsrunde souverän durch – aber zur Zukunft bleiben viele Fragen offen
Packender Zweikampf auf dem Eis: Der Dresdner Jan Zurek (l.) kämpfte gestern gegen Alexander Dellert vom SCRiessersee um den Puck. In ihrer vorletzten Partie der Abstiegsrunde setzten sich die Eislöwen souverän mit 4:2 durch. Schon am Ostersonnabend hatte das Team von Trainer Thomas Popiesch trotz des 1:2 in Bremerhaven den Klassenerhalt perfekt gemacht. Sami Kaartinen erzielte an seinem 33.Geburtstag den Treffer, der die Verlängerung und damit den entscheidenden Punktgewinn brachte. (tk) Foto: Lutz Hentschel
Endlich perfekt: Die Dresdner Eislöwen spielen auch in der nächsten Saison in der 2. Eishockey-Bundesliga. „Schön, dass wir mit dem Klassenerhalt unseren treuen Fans noch eine Freude machen konnten“, sagte Eislöwen-Geschäftsführer Matthias Broda. Auch wenn es diesmal sogar bis Ostern gedauert hat. Eine überaus holprige Saison fand damit noch einen halbwegs versöhnlichen Abschluss, nachdem der Klub als Schlusslicht der Liga-Vorrunde und in die Abstiegs-Play-downs musste.
Ja, freilich fielen den Eislöwen mit dem sicheren Klassenerhalt die sprichwörtlichen Steine vom Herzen, meinte Broda. Aber von überschäumender Freude keine Spur. Der Geschäftsführer sorgt sich um den Eishockey-Standort Dresden. „Wir bewegen uns auf ausgesprochen dünnem Eis“, sagte er. In der Energieverbund-Arena erinnern die zahlreichen Heizlüfter, Rohre und andere Technik an die schlimme Wasser-Havarie von Mitte Februar. Doch das ist nicht die einzige Baustelle der Dresdner Eislöwen.
Baustelle Halle
Nach dem Zweitliga-Finale – am kommenden Freitag empfangen die Eislöwen zum Abschluss noch den SC Bietigheim – sollen die Sommermonate genutzt werden, um die bisher nur provisorisch abgedichtete Arena wieder instand zu setzen. Das ist Sache des Eigentümers und Vermieters, der Stadtverwaltung Dresden. Verständlich, dass die Eislöwen jede Bautätigkeit mit größtem Interesse verfolgen. „Mit den dramatischen Folgen der Havarie kämpfen wir seitdem, und es ist immer noch kein positives Ende abzusehen“, klagte Broda.
Baustelle Finanzen
Damit meint der Geschäftsführer vor allem die fehlenden 100000 Euro in der Eislöwen-Kasse. Auf diese Summe beziffern die Dresdner ihre Ausfälle durch die Havarie – ein Heimspiel musste in Chemnitz ausgetragen werden, ein weiteres in der kleinen Trainingshalle, ein drittes wurde auf den zuschauerschwächeren Dienstag kurz vor Vorrunden-Ende verlegt. „Unsere Verlust-Rechnung ist durch unseren Zuschauer-Schnitt von durchschnittlich 2600 Besuchern pro Spiel in dieser Saison gedeckt“, rechnete Broda vor. „Und für die eingetretene Situation tragen wir keine Verantwortung. Jetzt sollte die Stadt uns helfen“, sagte Broda. Doch zunächst verlangte die Stadt von den Eislöwen ein Gutachten über ihre existenzbedrohenden Ausfälle. „Das hat uns nochmal 5000 Euro gekostet – und vor allem Zeit“, monierte Broda. Bis zum nächsten Zahltag am 15.April seien zwar alle Ausgaben abgesichert, aber „dann drohen uns Liquiditäts-Engpässe“. Und Broda möchte den in den letzten Jahren wieder aufpolierten Ruf der Eislöwen in puncto finanzieller Zuverlässigkeit wahren. Aufgekommene Spekulationen, die Profis hätten in den letzten Wochen Abschläge bei ihren Gehältern hinnehmen müssen, wies Broda zurück. „Wir haben unsere Spieler bisher immer pünktlich bezahlt, und das soll sich auch künftig nicht ändern.“
Baustelle Geschäftsführer
Zumindest wolle er dafür kämpfen, solange er die Verantwortung trage. Denn Brodas Vertrag läuft im Sommer aus. Die Gesellschafter des Zweitligisten haben das Thema Vertragsverlängerung zurückgestellt. Der 48-Jährige reagierte professionell. „Die Zukunftssicherung des Vereins hat den Vorrang“, sagte Broda. Sein Konzept zu den Zukunftschancen der Eislöwen hat offenbar nicht alle Gesellschafter überzeugt. „Klar, ich habe darin auch zwei, drei Wünsche geäußert“, räumte Broda ein. Welche, wollte er nicht sagen. „Auf gar keinen Fall nach mehr Geld für mich.“ Möglicherweise forderte der Geschäftsführer aber eine bessere personelle Besetzung der Geschäftsstelle, deren Mitarbeiter „nach der Havarie bis an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit gearbeitet haben“.
Baustelle Mannschaft
Wegen der finanziellen Schieflage mussten zunächst alle Vertragsgespräche abrupt gestoppt werden. Deshalb besitzen bisher nur sechs Profis einen Vertrag für die neue Saison. Kapitän Patrick Jarrett und Torjäger Sami Kaartinen werden weiter für die Eislöwen stürmen. Auch Torhüter Kellen Briggs und Ersatz-Goalie Christian Hacker sowie Jari Pietsch und Tom Fiedler sind gebunden. „Für die Planung ist dieses zwangsweise Abwarten nicht förderlich“, sagte Trainer Thomas Popiesch. „Die Spieler wollen wissen, wo es in der nächsten Saison langgeht.“
Baustelle Zukunft
Für den Eislöwen-Geschäftsführer geht es in den nächsten Wochen nicht nur um das kurzfristige Stopfen von Löchern, sondern um den weiteren Weg des sächsischen Zweitligisten. „Was ist uns der Eishockey-Standort Dresden wert? Oder hoffen wir nur noch, uns mit einem Mini-Etat weiter von Saison zu Saison zu retten?“, fragt Broda. Das Budget lag für die abgelaufene Spielzeit bei knapp 1,5Millionen Euro. In seinen ersten beiden Eislöwen-Jahren war Broda vor allem als Krisen-Manager gefragt, um seinerzeit die Lizenz zu retten. Ein solches Déjàvu-Erlebnis will der Dresdner auf jeden Fall vermeiden. „Das haben die Eislöwen, die ohne eigenes Verschulden in die prekäre Lage geraten sind, und ihre vielen Anhänger nicht verdient.“